Diplom-Kaufmann Dr. h.c. Heinrich Vetter

24. Dezember 1910 - 3. Februar 2003
Ehrenmitglied der Spielvereinigung' 03 lIvesheim e.V.
Ilvesheims Ehrenbürger und nobler Mäzen
"llvesheimer Fischernachenträger" des Verleihungsjahres 1990

Schirmherr posthum im Jubiläumsjahr 2003 - 100 Jahre SpVgg

 

Während dieses Lebensbild entstand, ist unser Ehrenmitglied Diplomkaufmann Dr. h. c. Heinrich Vetter nach kurzer schwerer Krankheit in den frühen Morgenstunden des Montags, 3. Februar 2003, in seinem Haus an der Goethestraße in lIvesheim im Alter von 92 Jahren verstorben. Betroffen und in großer Trauer haben wir von ihm in der Trauerfeier am Mittwoch, 12. Februar, in seiner Pfarrkirche St. Peter Abschied nehmen müssen.

Die ihm schon im letzten Jahr angetragene Schirmherrschaft über das Jubiläum" 100 Jahre Spielvereinigung 03 Ilvesheim" hat er als weitere Ehrung empfunden und spontan übernommen. Der Vorstand der Spielvereinigung hat zum Andenken von Dr. Vetter einstimmig beschlossen, das Jubiläumsjahr in seiner posthumen Schirmherrschaft zu begehen.

Ein Leben in und für Ilvesheim

Anfang der dreißiger Jahre gingen die Mannheimer Einzelhandelskaufleute Carl Heinrich und Frieda Vetter auf die Suche nach einem Bauplatz im Grünen des Umlandes der Quadratestadt und wurden nach Besichtigung mehrerer Angebote in Ilvesheim fündig. Auf einem ausreichend großen Ackergrundstück im noch wenig bebauten Ortsteil Nord jenseits des Neckarkanals konnten sie ihre Vorstellung zum bequemen und komfortablen Leben in einem Wohnhaus mitten in der Natur verwirklichen. 1931 zog die Familie mit Sohn und Tochter in die fertig gestellte Villa, seither unübersehbar an der Goethestraße. Vater Carl Heinrich konnte im Laufe der Jahre darum seine "grünen" Pläne für einen großen Nutz- und Ziergarten mit Bäumen und Sträuchern verwirklichen, Erinnerung an seine Geburtsheimat Kaiserstuhl wie auch die von Frieda Vetter an Edesheim an der Südlichen Weinstraße in der Pfalz, Noch heute erinnern sich Nachbarn an das nahrhafte und vitaminreiche Gemüse und Obst aus dem Vetter'schen Garten während der Notjahre des 2. Weltkrieges.

Nach dem Tod der Eltern hat Sohn Heinrich Vetter das Anwesen zu seinem Refugium gestaltet, als vornehmes, großbürgerliches Wohn- und "Kunst"-Haus, in dem der Sohn die von seiner Mutter begonnene Sammlung erlesener profaner und sakraler Gemälde, Skulpturen und Kleinode weitergeführt und ausgebaut hat. Aus dem Garten seiner Eltern hat er behutsam und mit viel Geschmack einen gepflegten Park als Rahmen einer auch in der Fachwelt beachteten Sammlung von Großskulpturen namhafter Künstler entstehen lassen.

Schon die Eltern von Heinrich Vetter und seiner Schwester Friedel haben Ilvesheim in die großherzige Förderung des Gemeinwesens aufgenommen, wie sie sie zuvor und weiterhin Mannheim zuteil werden ließen, im Stillen, Daraus ist das noble Lebens- und Liebeswerk des Ehrenbürgers entstanden.

Das unternehmerische Lebenswerk der Familie Vetter und im besonderen des Sohnes Heinrich hat einst klein angefangen, ist exemplarisch für die noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts andauernden "Gründerjahre". Barbara Müller, am 18, Oktober 1852 in Edesheim an der pfälzischen Weinstraße geboren, war die Tochter der mit Textilien in einem kleinen Laden handelnden Eheleute Ziegler und schon als junge Frau "in die Stadt", nach Mannheim, gezogen, dort ihr privates und existenzielles Glück zu suchen, es mit dem aus Kirrlach stammenden Facharbeiter und späteren Montageinspektor Franz Müller vom "Lanz", der Landmaschinenfabrik Heinrich Lanz (heute John Deere), zu finden, Mit den Erfahrungen im elterlichen Textillädchen machte sie sich mit einem kleinen Ladengeschäft in der Schwetzinger Vorstadt Mannheims östlich des Hauptbahnhofes selbstständig, hat den Arbeiter- und Handwerkerfrauen der dortigen Wohngegend "auf Pump" verkauft und wurde selten enttäuscht. Schon als Mädchen half Tochter Frieda im Laden mit, auch nach der Heirat des Postinspektors Carl Heinrich Vetter vom nahen Bahnpostamt am Hauptbahnhof.

Der 24, Dezember 1910 war ein Samstag, damals ein normaler Werktag und das Müller'sche Kurz-, Weiß- und Wollwarenlädchen bis in die späten Abendstunden geöffnet, Doch gegen 18 Uhr musste die Hebamme gerufen werden, und um 20 Uhr bekam Frieda Vetter ihr erstes Kind, den Stammhalter Heinrich, das "Christkind" für die jungen Eltern und die stolzen Großeltern. Getauft wurde das Bübchen am 1. Januar 1911 in der nahen HI. Geist-Kirche, dort empfing der Zehnjährige auch die Erstkommunion. Die Jesuitenkirche und St, Peter in Ilvesheim wurden "seine" Pfarreien.

Nach dem Besuch der damaligen "Luisen"-Bürgerschule am Tattersall wurde Vetter Gymnasiast am nahen "Karl-Friedrich", um das humanistische Abitur zu machen, Das elterliche Geschäft hatte sich weiter- und aufwärts entwickelt; der Vater war als Mitinhaber eingetreten, 1923 war das textile Sortiment auf Möbel erweitert worden, auch ein perfektes Kaufkreditsystem und eine Vertreterorganisation bis in den Odenwald, den Kraichgau und die Pfalz entstanden.

1926 wagten die Vetters den Weg in Richtung City und eröffneten in M 7 am Kaiserring das "Kaufhaus am Tattersall, H. & F. Vetter".

Am 12. Februar verstarb die Geschäftsgründerin Barbara Müller 73-jährig, 1936 bot sich die Chance zu einer nochmaligen Erweiterung mit Standortwechsel an die vornehmere Einkaufsmeile an der Kunststraße.

Im Geschäfts- und Turmhaus in N 7 fand die Kaufhaus Vetter GmbH das neue Geschäftsdomizil.

Junior Heinrich Vetter studierte nach dem Abitur an der damaligen renommierten Handelshochschule Mannheim und während zwei Berliner Semestern Betriebswirtschaft mit Abschluss Diplom-Kaufmann, Zuvor hatte er schon in einem befreundeten Mainzer Kaufhaus volontiert.

Im 2. Weltkrieg wurde der Offizier an der Ostfront schwer verwundet und kam nach längeren Lazarettaufenthalten 1946 nach Hause, Vater Carl Heinrich war 1943 in Ilvesheim nach schwerer Krankheit verstorben, Das teilzerstörte Handelshaus wurde wieder aufgebaut, für einige Jahre wurde auch ein Versandhaus als Tochtergesellschaft betrieben, Nach dem Tod der Mutter führte Heinrich Vetter das Unternehmen in Alleinverantwortung und er wurde der "königliche Kaufmann" mit hohem Ansehen in der Branche und im gesellschaftlichen Leben in der Stadt und der Region. 1967 verpachtete Heinrich Vetter das Kaufhaus an die "Horten"-Gruppe, die dann im Kaufhofkonzern aufgegangen ist.

Als Vermächtnis der Eltern ist Vetter zum großen Mäzen und noblen Förderer von Kunst, Kultur, Kirchen, Bildung, Sport und Sozialeinrichtungen geworden. Sein Vermögen brachte er 1997 in die "Heinrich-Vetter-Stiftung" ein, um das Lebenswerk über seine Tage hinaus fortführen zu können. Seine verwitwete Schwester Friedel Holzherr, deren Sohn Klaus und Tochter Birgit waren dem alleinstehend gebliebenen Bruder die zusammenhaltende Familie,

Die Schwester hatte mit ihrem Mann das bekannte Karlsruher "Modehaus Vetter" aufgebaut und jahrzehntelang betrieben, heute ebenfalls an eine große Kaufhauskette verpachtet, In Baden-Baden lebend, bleibt Friedel Holzherr ihrem Elternhaus und Ilvesheim weiterhin verbunden, in unternehmerische Entscheidungen wie das Mäzenatentum ihres Bruders wurde sie oft einbezogen.

An den Erträgen seines Vermögens ließ Heinrich Vetter das Gemeinwesen seit Jahrzehnten teilhaben, mit Schwerpunkt in der Vaterstadt Mannheim und in der Wohnheimat Ilvesheim, darüber hinaus in der Kurpfalz. Er wurde zum Wohltäter, wie er es seiner Mutter einst am Totenbett versprochen hatte. Seine Hilfen verteilte er nicht mit der Gießkanne, sondern vornehmlich als Anstifter in Hilfe zur Selbsthilfe.
 

 

 

 

    Mit der Stiftung, die von seinem Mannheimer Büro in O 7 in der Kunststraße verwaltet wird, und wo Vetter noch täglich an seinem Schreibtisch saß, reihte er sein Mäzenatentum würdig in die Reihe der großen Mannheimer Stifterfamilien und -persönlichkeiten ein: Julius und Henriette Abele, Familie Wespin, Heinrich und Julia Lanz, Richard und Victor Lenel, die Familie Bumiller, Bernhard Herschel, Carl und Anna Reiß.

Schon zu Lebzeiten trugen das Heinrich-Vetter-Forum in der Kunsthalle, der Heinrich-Vetter-Saal in den Reiß-Engelhorn-Museen, der Heinrich-Vetter- (Skulpturen) Weg im Luisenpark, in Ilvesheim das Seniorenstift "Heinrich Vetter" und das "Heinrich-Vetter-Casino" im Clubhaus der Spielvereinigung 03 seinen Namen. Ihrem großen Gönner ist das internationale A-Junioren-Fußballturnier in Ilvesheim dankbar gewidmet.

Ilvesheim hat Heinrich Vetter 1990 zum Ehrenbürger ernannt. Im Jahr darauf ehrte ihn der BdS mit dem "Fischernachen". Mehrere Ortsvereine verliehen ihrem Förderer die Ehrenmitgliedschaft. Diese Würdigungen sind allesamt herausragend und "handverlesen" und im Bewusstsein vergeben, dass sein großherziges Mäzenatentum für sich selbst spricht und steht. Heinrich Vetter war großzügig der Gemeinde gegenüber mit ihren Einrichtungen, wie Feuerwehr, Schule, Blindenschule, Kirchen, Kindergärten und Vereine.

Die Bürgerinitiative für eine Gemeindepartnerschaft mit Chécy in Frankreich zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft hat sich Dr. Vetter von Anfang an zu eigen gemacht. Der Partnerschaftsverein PIC erfuhr seither seine verlässliche Unterstützung, beginnend mit den Verbrüderungsfeiern und allen seitherigen Begegnungen und Aktionen. In Ilvesheim war der "grand ami de Chécy" jedes Mal dabei, auch mit Einladungen in sein gastliches Haus.

Ein bleibendes "Denkmal" hat sich Dr. Vetter mit der Schenkung des Grundstücks an die Gemeinde für das Seniorenstift "Heinrich Vetter" geschaffen. Herausragend ist auch die Schenkung von Kunstwerken für die Skulpturenanlage um das Pflegeheim. Die Stiftung wird in zwei Jahren ihren Sitz von Mannheim nach Ilvesheim in die Goethestraße verlegen.

Herausragend sind die Auszeichnungen und Ehrungen Vetters in und von seiner Vaterstadt Mannheim. Diese verlieh ihm 1990 ihren Ehrenring und 1999 die Ehrenbürgerschaft. Bereits 1991 wurde er Ehrensenator der Universität Mannheim, die in der Nachfolge der einstigen Handelshochschule steht, an der Vetter studierte und diplomierte. Die bereits angefangene Dissertation zur Promovierung konnte der Absolvent nicht vollenden, da er im elterlichen Unternehmen dringend benötigt wurde. Mit der Ehrenpromotion zum Doktor rer. oec. honoris causa der Fakultät für Betriebswirtschaft, in einer Feierstunde im Schloss am 23. Dezember 2000 verliehen, dankte ihm die Universität Mannheim für sein unternehmerisches und mäzenatisches Lebenswerk.

1993 verlieh ihm der Bundespräsident das Bundesverdienstkreuz am Bande. Aus den Händen von Ministerpräsident Erwin Teufel nahm Heinrich Vetter 1999 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg entgegen, nur auf jeweils 1000 Bürger limitiert: Der Heilige Stuhl in Rom zeichnete den gläubigen Katholiken und frommen Stifter als "Ritter des Hl. Silvesterordens" 1994 aus, 1997 verlieh ihm die Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg ihre seltene Ehrenbürgerschaft. Die Fachhochschule für Technik und Gestaltung Mannheim nahm ihn 1998 in den Senatorenkreis auf, Die Jüdische Gemeinde Mannheims verlieh ihm im selben Jahr ihre Ehrenmedaille. Der renommierte Verein Kurpfalz zeichnete zum 50-jährigen Bestehen im Jahre 1999 Vetter mit dem "Kurpfalz-Ehrenring" aus, u. a. als Dank für die Dotation zugunsten der Kurpfalzbibliothek im südhessischen Lorsch mit dem Weltkulturerbe des historischen Klosters.

Mit der Ehrenmitgliedschaft dankten Heinrich Vetter u. a. die Förderer- und Freundeskreise des Nationaltheaters, der Kunsthalle, der Reiß-Engelhorn-Museen und die Freie Akademie Mannheims für die beständige Förderung ihrer Institute.

Seine Geburtstage beging Dr. Vetter stets zurückgezogen im Kreis seiner Familie in Ilvesheim und Baden-Baden, die runden und die Fünfer wurden dann umso größer gefeiert. Die Stadt Mannheim gab ihrem großen Sohn einen festlichen Empfang in ihrer guten Stube, dem Rittersaal des kurfürstlichen Schlosses einige Zeit nach dem 90, Geburtstag. Auch die Gemeinde Ilvesheim feierte in der Mehrzweckhalle mit ihrem Ehrenbürger. Als damals der zu Ehrende in den großen Saal geleitet wurde, erhoben sich die Gäste zu ersten "standing ovations". Bürgermeister Roland Esche erinnerte bei der Begrüßung an die Worte Vetters anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerwürde: "Ich möchte noch einige Jährchen in Ilvesheim mit den Ilvesheimern verbringen". Dieser Wunsch ist mit Gottes Gnade nur noch zwei Jahre in Erfüllung gegangen.

Ortsoberhaupt Esche würdigte den bekennenden Mitbürger damals als den großen Anreger und Anstifter der Inselgemeinde seit Jahrzehnten. Herausragend damals auch die noble Spende von 100000 Mark für die neue Orgel von St. Peter.

Ein sehr gelungenes Porträt Vetters vom Mannheimer Maler Walter Stallwitz war das gemeinsame Geburtstagsgeschenk der Ortsvereine, das auf Wunsch des Beschenkten im Foyer des nach ihm benannten Stiftes seinen Platz fand.

Sichtlich bewegt und ergriffen bedankte sich der Jubilar, erinnerte daran, in seinem Leben viel gearbeitet zu haben, um die Ernte daraus in seine Stiftung einbringen zu können, Als sein "Geburtstagsgeschenk" an das Gemeinwesen kündigte er eine weitere Zuwendung an die Vereine im Jahr 2001 von 100000 Mark an, auch weiterhin, "Heute Nachmittag gebe ich mir ausnahmsweise einmal frei", fügte Dr. Vetter, fast entschuldigend, an und hatte nur einen Wunsch: Gemeinsam "So ein Tag, so wunderschön wie heute ... ", zu singen. Das ist dann auch freudig mit nochmaligen "standing ovations" geschehen.

Dr. Vetter hat vor zwei Jahren eine schwere Erkrankung mit wochenlangem Klinikaufenthalt und Rekonvaleszenz mit dem starken Lebenswillen und der Disziplin bestanden, die sein ganzes Leben auszeichnete Wieder genesen, nahm er seine Arbeit mit zahlreichen Terminen und Verpflichtungen nahezu uneingeschränkt wahr, wegen der Gehbehinderung in den letzten Monaten manchmal im Rollstuhl - aber immer erhobenen Hauptes und hellwach. Im Freundeskreis der "Fischernachenträger" nahm er im Dezember 2002 an der Adventsfeier im Ilvesheimer "Adler" teil, aufgeschlossen wie immer, angeregt und anregend. Von Gremiumssprecher Dieter Münster herzlich willkommen geheißen, genoss er sichtlich die gesellige Atmosphäre und das italienische Flair bei Speis und Trank, machte als Kavalier alter Schule ein Damengeschenk. Zum Wunschkonzert von Edi Grabinger und Heinz Marschall sang er Schlager seiner Jugendzeit mit, auch das "Lili Marleen", das er an der Ostfront jeden Abend als Heimatgruß hören konnte.

Im Kreis seiner Ilvesheimer nahm er am 18. Januar noch an der Geburtstagsfeier von Dr. Strauß teil, es sollte sein letzter Termin werden. Einige Tage danach fühlte er sich nicht wohl und kam ins Uniklinikum nach Mannheim. Als sich keine Besserung abzeichnete, ließ sich Dr. Vetter zur häuslichen Weiterbehandlung in sein Ilvesheimer Heim entlassen. Umsorgt vom Hauspersonal und der herbeigeeilten Schwester, ereilte ihn auf dem Krankenlager in den Morgenstunden des 3. Februar ein sanfter Tod.


Willi Menz, Polizeipräsident i. R.